VORGÄNGERORGANISATION: DER CHRISTLICH-DEUTSCHE TURNVEREIN

64Fahne

“Mit Gott für Volk und Vaterland!”

66Fahnrueckseite

Rückseite der Fahne des CDT Stockerau

Reihe vorne: Leopoldine Viklicky, Steffi Sommer (Mischinger), DI Aschenbrenner
Stehend: Hedi Ihm (links außen, Berta Ihm (rechts außen)

Reihe vorne: Leopoldine Viklicky, Steffi Sommer (Mischinger), DI Aschenbrenner Stehend: Hedi Ihm (links außen), Berta Ihm (rechts außen)

Der christlich-deutsche Turnverein – die Vorgängerorganisation der Union – war lange wegen seiner Nähe zum autoritären Ständestaat, ein Tabu. Die politische Gesinnung und die Zugehörigkeit zum entsprechenden Sportverein gingen in der Zwischenkriegszeit konform. Diese Zeiten sind längst überwunden. Doch der historische Rückblick in die Vergangenheit ist gerade aus Stockerauer Sicht interessant.

Am 28. April 1910 wurde der christlich-deutsche Turnverein Stockerau durch „aufrechte Männer“ (Prof. Adalbert Slama, Prof.Dr. Alois Hinner, Prof. Alois Gerhart, Prof. Leopold Powalatz, Josef Sommer und Anton Hörl) gegründet.

Adalbert Slama war also Gründungsmitglied des christlich-deutschen Turnvereins Stockerau. Darüber hinaus war er auch lange Zeit sein Obmann. (1945 war er wieder Gründungsmitglied, als die Turn- und Sportunion Stockerau aus der Taufe gehoben wurde.)

Das Verdienst der christlich-deutschen Turnerschaft allgemein war das Hineintragen des Gedanken der Leibesübungen in den katholischen Volksteil der österreichischen Bevölkerung unter besonderer Berücksichtigung der Frauen und der Jugend, stark beeinflusst vom Denken Dr. Karl Gaulhofers (1885-1941) und Prof. Adalbert Slamas (1884-1965). So hatte auch der CD-Turnverein Stockerau Frauen- und Mädchenriegen. (Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war Turnen von Männern für Männer konzipiert worden).

Der CDTÖ wie der CD Turnverein Stockerau förderten in seiner Tätigkeit die körperlichen, geistigen und erziehlichen Werte seiner Mitglieder.[1]
„Geistesmacht und Körperkraft, erst den ganzen Menschen schafft“, war einer seiner Wahlsprüche.
Der „Reichsverband der Christlich-deutschen Turnerschaft für das Gebiet Deutsch-Österreich“ hielt fest, dass nur Mitglied des CD-Turnvereins werden kann, der sich offen zum deutschen Volkstum und zur christlichen Weltanschauung offen bekennt. (§ 3) [2]
In den Jahren 1910 – 1938 betrug der durchschnittliche Mitgliederstand des Christlich-deutschen Turnvereins Stockerau über 500 Mitglieder, (Stockerau zählte damals 10.000 Einwohner). Er war somit neben Wr. Neustadt und St. Pölten der bedeutendste und größte CD-Turnverein in Niederösterreich.
In den Jahren des 1. Weltkrieges kam es wie überall zu starken Einbußen. Ein volles Drittel der Stockerauer Mitglieder starb den „Heldentod“.
Das 15-jährige Bestehen des Vereins wurde 1925 mit einer Feldmesse am Rathausplatz, der Weihe einer Fahne, einem Festzug durch die Stadt und einem Schauturnen aller Abteilungen am Turn- und Sportplatz geziemend gefeiert.
Hervorragend waren die sportlichen Leistungen der Stockerauer LeichtathletInnen. Kein Wunder, waren Stockerau und St. Pölten doch bis zum Zweiten Weltkrieg die aktivsten Leichtathletikzentren in NÖ.
So erzielten die Turnbrüder des CD-Turnvereins Stockerau auch bei den „Volkstümlichen Kreiswettkämpfen“ des Turnkreises Marchfeld beachtliche Erfolge: Im Dreikampf (75-Meter-Lauf, Weitsprung, Kugelstoßen 5 Kilogramm) der Jungturner Jahrgang 1920, 1921 siegte Helmut Zehetmayer mit 86 Punkten. Beim Dreikampf des Jahrganges 1918, 1919 wurde Franz Walter Zweiter und Leopold Aringer Dritter.
Von 1930 – 1938 bestand auch im Rahmen des Stockerauer CD-Turnvereins eine Kompanie des Wehrzuges. Diese Zeit war österreichweit überschattet zum einen von der feindlichen Einstellung der verschiedenen politischen Lager gegeneinander und zum anderen vom offenen Antisemitismus [3]. Die weltanschaulichen Gräben in Österreich waren so tief, dass damals an die Durchführung allgemeiner österreichischer Meisterschaften nicht zu denken war.
1938 wurde der Christlich-deutsche Turnverein so wie alle Vereine des CDTÖ durch die NSDAP liquidiert. Alle noch verbliebenen Sportverbände der „Ostmark“ wurden in den Deutschen Reichsbund für Leibesübungen eingegliedert.
1945 waren es überwiegend Männer und Frauen des CDT Stockerau, die die Turn- und Sportunion Stockerau gründeten.
Literatur:
Grössing St.- Recla W.-Kleiner K. (2005). Pioniere der Sportwissenschft, Verl Brüder Hollinek
Wöll Ingolf, (2005). Turnen und Sport: Zurück für die Zukunft, Festschrift Gedankenreise der Sportunion NÖ,
Prof. Josef Mayer, Manuskript

[1] Aus „Turnen und Sport: Zurück für die Zukunft“ von Ingolf Wöll, in der Festschrift Gedankenreise der Sportunion NÖ, 2005
[2] ebenfalls aus „Turnen und Sport: Zurück für die Zukunft“
[3] Der Arierpargraph (seit 1914) in den Statuten der CDTÖ wurde nach 1945 gerne verdrängt.